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2024 Februar - Irfete Fetahu

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Dr.in Irfete Fetahu

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Februar 2024

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau Dr.in Irfete Fetahu aus Anlass der im Top-Journal „Nature Communications“ (IF 17.7) erschienenen Arbeit „Single-cell transcriptomics and epigenomics unravel the role of monocytes in neuroblastoma bone marrow metastasis“. [1] Die multidisziplinäre Studie entstand in der St. Anna Kinderkrebsforschung und wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg, Universität Wien, Medizinischen Universität Wien, sowie dem CeMM-Forschungszentrum für Molekulare Medizin realisiert.

 

Das Neuroblastom (NB) ist für 15% der Krebstodesfälle im Kindesalter verantwortlich, wobei mehr als 90% der NB-Tumore im metastasierten Stadium in das Knochenmark (KM) disseminieren, das als Ort für einen Rückfall und ein Fortschreiten der Krankheit dient [2-5]. In zahlreichen Studien der letzten Jahre [6-12] wurden Zelltypen und Abstammungslinien des sich entwickelnden Nebennierenmarks definiert, mit dem Ziel, die Ursprungszellen der NB aufzudecken, die aus von der Neuralleiste abstammenden sympatho-adrenalen Vorläuferzellen in verschiedenen Stadien der Embryonalentwicklung des sympathischen Nervensystems entsteht [13]. Eine umfassende Charakterisierung der Mikroumgebung des Immunsystems und des Zusammenspiels mit Tumorzellen an der Metastasierungsstelle ist jedoch immer noch nicht gelungen.

In dieser Studie wiesen wir mittels Einzelzell-Transkriptom- und Epigenom-Profiling von KM-Aspiraten nach, dass Subgruppen von NB die Zelltypzusammensetzung bestimmen und dass der Tumor-Phänotyp bei Metastasierung unverändert fortbesteht. Darüber hinaus signalisieren die NB-Zellen der KM-Mikroumgebung, indem sie insbesondere die Monozyten neu vernetzen, und zwar über zwei spezifische Signalwege: Midkine (MK) und Macrophage Migration Inhibitory Factor (MIF). Diese Kommunikation zwischen dem Tumor und den myeloischen Zellen propagiert ein inflammatorisches Milieu, das durch die Aktivierung pro- und antiinflammatorischer Programme und die Expression tumorfördernder Faktoren geprägt ist, die an Tumor-assoziierte Makrophagen erinnern. Die Rolle von MK wurde sowohl unter physiologischen Bedingungen wie im Rahmen von Entwicklung und Reproduktion als auch bei pathologischen Vorgängen wie dem Melanom beschrieben, wo seine Überexprimierung zu einer Immuntherapieresistenz führt, indem sie die immunsuppressive myeloische Zelldifferenzierung fördert und myeloische Zellen an den Tumorort rekrutiert [14]. In dieser Situation wurde MIF mit der Steuerung sowohl inflammatorischer als auch tumorfördernder Funktionen in tumorassoziierten Makrophagen in Verbindung gebracht. Die in dieser Studie identifizierten Rezeptoren wurden in den letzten Jahren intensiv als neue therapeutische Ziele bei verschiedenen Tumoren untersucht. Tatsächlich befinden sich Inhibitoren mit kleinen Molekülen und Antikörper gegen MIF derzeit bereits in Phase-I-Studien bei Autoimmunkrankheiten und Leukämie [15].

Zusammenfassend ergibt unsere Arbeit einen zellulären Atlas der NB über alle Subgruppen und definiert die zellulären Zustände, die jeder NB-Subgruppe zugrunde liegen, wobei die Determinanten der intra- und intertumoralen Heterogenität entschlüsselt werden. Insbesondere die in unserer Studie identifizierten Liganden-/Rezeptor-Paare spielen in normalen und krankheitsbedingten Zuständen pleiotrope Rollen und bieten neue molekulare Ziele für eine therapeutische Möglichkeit, indem sie die Kommunikation zwischen Tumor und Mikroumgebung oder die Monozytenpolarisierung in der metastatischen Nische des Grundgewebes stören.

Wissenschaftliches Umfeld

Dr.in Fetahu begann ihre wissenschaftliche Tätigkeit in der Arbeitsgruppe von Assoc.-Prof.in Univ.-Doz.in Mag.a Dr.in Enikö Kallay am Institut für Pathologie und Allergieforschung. Im Rahmen ihres PhD-Studiums als Marie Skłodowska-Curie Early Stage Research Fellow beschäftigte sich Dr.in Fetahu mit der Erforschung von epigenetischen Mechanismen bei der Regulierung der Expression des CaSR in Dickdarmkrebs, wo sie nachweisen konnte, dass Veränderungen in der DNA-Methylierung und Histonacetylierung zum Verlust der CaSR-Expression führen [16]. Anschließend promovierte sie mit ihrem PhD-Studium an der Medizinischen Universität Wien und setzte ihre Forschung für fünf Jahre als Postdoktorandin am Brigham and Women's Hospital und der Harvard Medical School in Boston (USA) fort, wo sie an der Aufdeckung von Störungen der DNA-Methylierung bei Morbus Alzheimer und Melanomen arbeitete [17, 18]. Diese Studien führten zur Entdeckung einer Reihe von epigenetischen Signaturen, die eine genaue Diagnose der Alzheimer-Krankheit mit einem minimal-invasiven Ansatz (Blut) ermöglichen, lange bevor sich Letztere klinisch manifestiert [18]. Anfang 2020 kehrte sie über die St. Anna Kinderkrebsforschung nach Österreich zurück und seit 2021 ist Dr.in Fetahu selbstständige Leiterin ihres eigenen FWF-geförderten Forschungsprojektes, in welchem sie das Epigenom des Neuroblastoms untersucht. Ab September 2023 setzt sie ihre Forschungstätigkeit an der Medizinischen Universität Wien, Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie, fort. Ihre Forschung wurde durch zahlreiche Stipendien und Förderungen unterstützt, die von folgenden Institutionen vergeben wurden: Österreichischer Wissenschaftsfonds (FWF), European Association for Cancer Research (EACR), Österreichische Gesellschaft für Endokrinologie und Stoffwechsel (ÖGES), Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT), Federation of European Biochemical Societies (FEBS), Österreichische Gesellschaft für Knochen- und Mineralforschung (ÖGKM).

Zur Person

Dr.in Fetahu studierte zunächst Pharmazie (MPharm) in ihrem Heimatland Kosovo. Anschließend promovierte sie mit ihrem PhD-Studium an der Medizinischen Universität Wien und setzte ihre Forschung als Postdoktorandin am Brigham and Women's Hospital und der Harvard Medical School in Boston (USA) fort. 2023 schloss sie ihr Executive MBA-Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien ab. Sie war Botschafterin für die European Association for Cancer Research, Mitglied der Young Scientist Association der Medizinischen Universität Wien und der Harvard Medical Postdoctoral Association. Neben ihrer Forschungstätigkeit beteiligt sich Dr.in Fetahu im Rahmen des N094 PhD-Programms als Betreuerin.

Ausgewählte Literatur

  1. Fetahu, I.S., et al., Single-cell transcriptomics and epigenomics unravel the role of monocytes in neuroblastoma bone marrow metastasis. Nat Commun, 2023. 14(1): p. 3620.

  2. Cohn, S.L., et al., The International Neuroblastoma Risk Group (INRG) classification system: an INRG Task Force report. J Clin Oncol, 2009. 27(2): p. 289-97.

  3. Matthay, K.K., et al., Neuroblastoma. Nat Rev Dis Primers, 2016. 2: p. 16078.

  4. Rifatbegovic, F., et al., Neuroblastoma cells undergo transcriptomic alterations upon dissemination into the bone marrow and subsequent tumor progression. Int J Cancer, 2018. 142(2): p. 297-307.

  5. Abbasi, M.R., et al., Impact of Disseminated Neuroblastoma Cells on the Identification of the Relapse-Seeding Clone. Clin Cancer Res, 2017. 23(15): p. 4224-4232.

  6. Soldatov, R., et al., Spatiotemporal structure of cell fate decisions in murine neural crest. Science, 2019. 364(6444).

  7. Furlan, A., et al., Multipotent peripheral glial cells generate neuroendocrine cells of the adrenal medulla. Science, 2017. 357(6346).

  8. Kildisiute, G., et al., Tumor to normal single-cell mRNA comparisons reveal a pan-neuroblastoma cancer cell. Sci Adv, 2021. 7(6).

  9. Dong, R., et al., Single-Cell Characterization of Malignant Phenotypes and Developmental Trajectories of Adrenal Neuroblastoma. Cancer Cell, 2020. 38(5): p. 716-733.e6.

  10. Jansky, S., et al., Single-cell transcriptomic analyses provide insights into the developmental origins of neuroblastoma. Nat Genet, 2021. 53(5): p. 683-693.

  11. Kameneva, P., et al., Single-cell transcriptomics of human embryos identifies multiple sympathoblast lineages with potential implications for neuroblastoma origin. Nat Genet, 2021. 53(5): p. 694-706.

  12. Bedoya-Reina, O.C., et al., Single-nuclei transcriptomes from human adrenal gland reveal distinct cellular identities of low and high-risk neuroblastoma tumors. Nat Commun, 2021. 12(1): p. 5309.

  13. Johnsen, J.I., C. Dyberg, and M. Wickström, Neuroblastoma-A Neural Crest Derived Embryonal Malignancy. Front Mol Neurosci, 2019. 12: p. 9.

  14. Cerezo-Wallis, D., et al., Midkine rewires the melanoma microenvironment toward a tolerogenic and immune-resistant state. Nat Med, 2020. 26(12): p. 1865-1877.

  15. Le, Q.H., et al., Preclinical studies targeting CD74 with STRO-001 antibody-drug conjugate in acute leukemia. Blood Adv, 2023.

  16. Fetahu, I.S., et al., Calcium-sensing receptor silencing in colorectal cancer is associated with promoter hypermethylation and loss of acetylation on histone 3. Int J Cancer, 2014. 135(9): p. 2014-23.

  17. Wu, D., et al., Glucose-regulated phosphorylation of TET2 by AMPK reveals a pathway linking diabetes to cancer. Nature, 2018. 559(7715): p. 637-641.

  18. Fetahu, I.S., et al., Epigenetic signatures of methylated DNA cytosine in Alzheimer's disease. Sci Adv, 2019. 5(8): p. eaaw2880.


Dr.in Irfete Fetahu

Medizinische Universität Wien
Universitätsklinik für Neurologie
Klinische Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie
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